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At the hairdressers


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Ich bin wenig experimentierfreudig was meine Haare angeht. Aber nach fünf Monaten, in denen ich sämtliche Friseursalons zwar bewundert aber gemieden habe, zeigt sich Spliss und es wird Zeit für einen Schnitt. Als meine Freundin Kisha erwähnt, dass sie zum Haare waschen und Fönen in den Salon geht, ergreife ich die Gelegenheit und begleite sie. Der Friseurbesuch ist unsere Samstagabendbeschäftigung.
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 Ich erschließe eine – mir bislang – verborgene Welt. Im Friseursalon sind einige Frauen, darunter eine meiner Kolleginnen. Es ist bereits 18.30 Uhr und es wird finster. Vor uns warten zwei Damen. Trotzdem werden wir drangenommen. Die Dame, die grad an der Reihe ist, bekommt in ihre Haare künstliche Haarteile eingesetzt. Dabei greift der Friseur, ein dünner großer Mann namens Freddy, zu einer großen Nähnadel mit schwarzem Faden und näht die kurzen falschen Haarteile an den echten. Nach etwa einer halben Stunde ist das Kunstwerk fertig, es sieht aus als wären es echte Haare. Die Kundin streicht sich übers Haar und ist sichtbar glücklich.

Ich bin an der Reihe. Zuerst Haare waschen, dann schneiden. Mit nassen Haaren warte ich auf die Friseurin und wir vereinbaren die Haarlänge, die geschnitten werden soll. Als ich ihr deute, dass ca. drei Zentimeter weg sollen, macht sie einen erstaunten Laut aber gut, bis dahin alles in Ordnung.

Nun nimmt sie ein Haarbüschel, hält es senkrecht in die Höhe, zückt eine Schere und fängt an, daran herumzufitzeln anstatt einen klaren Schnitt zu machen. Dabei macht sie einen sehr fragwürdigen Eindruck. Bevor sie endgültig die Haare abschneidet schaut sie mich an, als wollte sie nochmals um Bestätigung bitten. Sie verhält sich, als hätte sie noch nie zuvor Haare geschnitten! Aber wie kann das sein – sie hat ja seit fünf Jahren diesen Salon! Bestimmt schneidet sie täglich zig Kundinnen die Haare!

Auch beim zweiten und dritten Haarbüschel wird es nicht besser. Freddy, der Friseurkollege, geht ihr zur Hand. Mein Bauch krampft sich langsam zusammen. Als ich mir die geschnittenen Haarbüschel anschaue, mache ich ihr klar, dass sie nicht die gleiche Länge haben! Sie meint, das würde sich dann später beim Schneiden ergeben. Wie… nochmals schneiden? Wir stellen fest, dass Mzungu Haar anders zu behandeln ist als Afro Haar und dass ich auf Freddy warte.

So weit so gut, Freddy nähert sich dem Mzungu Haar professionell, er kämmt es nach unten und macht ohne zu zögern klare Schnitte. Trotzdem kommt es bald zu Verzweiflungsszenen, als auch er nicht versteht, dass die Haare links und rechts gleich lang sein sollen. Hilfesuchend schaue ich zu meiner Freundin Kisha, die grad unter der Haube sitzt. Es hilft nichts. Wir brechen das Experiment ab und ich greife selbst zur Schere um nachzubessern. Beiden Friseuren tut die verzweifelte Mzungu leid, sodass sie mir nichts verrechnen. Ohnehin hätte der Haarschnitt max. 2 Euro gekostet.

Am Heimweg erklärt mir Kisha, dass die Friseure nicht nur keine Erfahrung mit glattem europäischem Haar hatten, sondern dass sie wirklich noch nie Haare geschnitten haben! Denn afrikanische Haare wachsen kaum! Die kinnlangen Haare meiner Freundin hat sie seit neun Jahren (!) nicht mehr geschnitten. Und sie brauchen einmal wöchentlich Pflege im Salon. Das erklärt den Wunsch der Tanzanerinnen nach Haarverlängerungen. Und den erstaunten Laut der Friseuse. Soweit ein erster Einblick in die Beauty-World der Tanzanierinnen.

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