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Caroline Pfister ist aus El Salvador zurück


Kategorien Allgemein, personalia, Returnees

Caroline hat in El Salvador die Partnerorganisation ADES (Asociación de Desarrollo Económico Social) unterstützt. Der Fokus bei den einzelnen Teilbereichen und Projekten liegt dabei in der Verbesserung der sozio-ökonomischen Situation der Bevölkerung, mit den Paradigmen der nachhaltigen Entwicklung, Stärkung der Zivilgesellschaft und der Menschenrechte. ADES ist in 8 von 10 Gemeinden in der Region tätig. Die Arbeit konzentriert sich dabei stark auf die Ausbildung der Menschen (besonders auf Jugendliche und Frauen). Dabei werden Themen wie Gender, Gesundheit, Menschenrechte, HIV, Umwelt, etc. erarbeitet, um die Zielgruppe zu stärken.

 

Du warst ein halbes Jahr im Einsatz. War es so, wie Du dir die Sache davor vorgestellt hast?

Ehrlich gesagt nein (lacht). Es war ganz anders, hauptsächlich weil Kriminalität in Form von Banden so in der Gesellschaft verankert ist, dass man anders mit den Leuten umgeht: einfach distanzierter, man hält sich bedeckter. Die Wohnungen sind sehr verschlossen gebaut, die Fenster sind oft vergittert. Man merkt, dass die Sicherheit nicht gegeben ist, darum muss man sie sich selbst schaffen.

Du hast ja mit Jugendlichen gearbeitet, waren da auch Bandenmitglieder dabei, wie wurden sie ausgewählt?

Die Auswahl passierte nach Regionen – ich persönlich wusste nicht, wer bei den Banden dabei war, es wurde nicht gerne darüber geredet. Manche Regionen sind zu gefährlich um überhaupt hinzugehen und dort ein Projekt zu machen.

Jugendliche die keine andere Einkommensquelle als Anschluss an eine kriminelle Gang haben, können doch auch gute Menschen sein, oder seh‘ ich das zu romantisch?

Das ist schwierig, man redet nicht darüber, die Einheimischen wissen wer dabei ist und versuchen sich fernzuhalten. Jugendliche unterschätzen das oft, was es bedeutet sich so einer Bande anzuschließen; das hat ja auch Konsequenzen für die ganze Familie. Man kann ja nicht einfach wieder austreten. Aus einer Bande rauszukommen, da gibt es zwei Möglichkeiten: sterben, oder das Leben Gott zu widmen (katholisch); das wird dann aber auch wirklich kontrolliert, ob man das durchzieht. Es ist alles oder nichts.

Im Film „Sin Nombre“ sieht man diese Problematik, es zeigt wie ein junger Mann aus einer Gang aussteigen will.

Die zwei großen Banden sind MS13 (Mara Salvatrucha) und Barrio 18. Als die Menschen während des Bürgerkriegs (1980-92) flüchten mussten, kamen viele über Mexiko in die USA, wo sie eine marginalisierte Gruppe waren und mit Bandenkriminalität in Kontakt kamen. Nach Ende des Krieges wurde eine Vielzahl der Flüchtlinge zurück geschickt und haben dann diese Strukturen nach El Salvador mitgenommen. Großes Chasos und Armut nach dem Krieg haben dieses Phänomen begünstigt. Die Gesellschaft hat das unterschätzt. Mittlerweile geht das schon über Generationen so.

Was macht ADES, der Projektpartner genau?

Die Organisation ist auf Bildung von jungen Frauen spezialisiert. Sie bieten Workshops für Jugendliche und Erwachsene an, aber mit besonderem Fokus auf Frauen, damit sie auch eingebunden werden. Es gibt verschiedenste Themen, z.B. Aufklärungs-Workshops weil es so viele Schwangerschaften von Minderjährigen (unter 16-jährigen) gibt, oder Menschenrechts-Schulungen, Gender u.v.m

Wie ist es Dir bei der konkreten Arbeit gegangen?

Sehr gut. Ich war bei einem Workshop über Menschenrechte dabei, das war sehr interessant. Ein anderes Wochenende war in Planung mit meinen KollegInnen; leider konnte ich da nicht mehr teilnehmen, weil ich vorher einen Unfall hatte. Der Fokus meiner Arbeit war weniger mit den Jugendlichen direkt zu arbeiten, als mit meinen Counterparts: gemeinsam Workshops planen, sich Feedback geben, Plakate machen, Moderationen zu erstellen.

Hattest Du das Gefühl, dass Dein Input angenommen wurde?

Ja, auf jeden Fall. Ich hatte das Gefühl dass meine Counterparts offen waren für coole neue Ideen; vieles wussten sie natürlich schon. Im Großen und Ganzen war es sehr bereichernd, vor allem auch für mich.

Was waren Deine größte Herausforderungen?

Die Kriminalität und dadurch auch Schwierigkeiten beim Knüpfen von Sozialkontakten. Es gibt dieses allgemeine Klima, dass man sich selbst schützen muss, damit man nirgends reingezogen wird. Ich hatte halt die Arbeitskollegen, aber die haben weit weg gewohnt und hatten alle selbst Familien. Ich habe mich dann mit älteren Mädels, so um die 25 Jahre, angefreundet. Allerdings habe ich da in einem Dorf gewohnt, das 1,5 Stunden von meiner Arbeit entfernt war. Es war zwar wunderschön, aber mir war der Weg zu lang jeden Tag; und es gab z.B. auch kein fließendes Wasser dort. Ich bin dann also in die Stadt gezogen und dort war es natürlich wieder anonymer. Ich hatte aber sehr nette Nachbarn in einer Reihenhaussiedlung.

Was hat Dich am meisten persönlich bewegt, geprägt oder verändert?

Ich habe gelernt, dass nichts so kommt wie man es geplant hat, und dass man sich darauf einlassen muss und einfach mal schauen was es bringt. Man lernt viel über sich selbst dabei.

Warum bist Du früher zurückgekommen?

Ich bin ganz blöd ausgerutscht und habe mir das Bein so unglücklich gebrochen, dass ich zuerst vor Ort operiert wurde, dann nach Hause geflogen bin und aufgrund einiger Komplikationen leider nicht wieder zurück in den Einsatz konnte. Ich hoffe jetzt, 8 Monate danach, bald endlich meine Krücken loszuwerden. Ich bin aber positiv gestimmt, jetzt dauerts nicht mehr lange!

Was sind Deine Pläne für die Zukunft?

Ich möchte wahnsinnig gerne wieder beruflich einsteigen, ich bin einfach schon zu lange im Krankenstand, ich merke ich brauche wieder neuen Input – gerne im Sozialarbeiter-Bereich, mich würde die Arbeit mit Frauen sehr interessieren. Demnächst werde ich nach Stuttgart übersiedeln, wegen der Liebe 😉

Was gibst Du neuen Ausreisenden als Ratschlag mit auf den Weg?

Gelassenheit! So locker reinzugehen wie möglich. Planen ist oft gar nicht wirklich möglich – das ist wirklich meine Lektion: man kann es wirklich gar nicht planen was und wie es kommen wird. Einfach schauen was die Situationen so bringen und das Beste daraus machen.

Danke für das Interview und alles Gute für Deine Zukunft!

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