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Coronabedingt zurück vom Einsatz: Hans Tatzl (ECU)


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Corona machte auch deinem Einsatz einen Strich durch die Rechnung. Du musstest vorzeitig zurück, eine Rückkehr nach El Salvador war nicht mehr möglich. Wie fühlst du dich damit?

Hans: Nachdem ich seit 9 Jahren in Ecuador arbeite, ist mir das Land fast zu einer zweiten Heimat geworden und ich habe empfunden, in Zeiten einer Krise sollte ich dort sein und nicht in Österreich. Aber durch den kompletten Lockdown des öffentlichen Lebens wäre eine Fortsetzung meiner Projektarbeit nicht mehr möglich und das gesundheitliche Risiko in Anbetracht der hohen Infektionsrate und des schlechten Gesundheitssystems übermäßig groß gewesen.

Zusammen mit ehemaligen Freiwilligen, die bei mir in Ecuador in einer Schule gearbeitet haben und befreundeten EcuatorianerInnen haben wir von Österreich aus Hilfe für die Bevölkerung organisiert, indem wir Lebensmittelpakete in Dörfern am Land verteilt haben bzw. in weiterer Folge bei individuelle Notlagen geholfen haben (siehe Video). 

So konnten wir in der schwierigen Zeit zumindest einen gewissen Beitrag liefern. Ich warte auf eine Verbesserung der Situation in Ecuador um meine Arbeit fortsetzen zu können.

War deine Zeit im Einsatz so, wie du dir die Sache davor vorgestellt hast?

Hans: Rückblickend auf meine erste Zeit in Ecuador, nein. Es ist wesentlich mehr daraus geworden, als ich mir vorstellen hätte können. Ich bin eigentlich nur als „Voluntario“ für 3 Monate zu dem Projekt geflogen, ohne wirklich zu wissen, wo ich mitarbeiten werde. Daraus sind 9 Jahre geworden – das hätte ich nicht erwartet. Die Arbeit mit behinderten Kindern in der Schule, der Unterricht in Dorfschulen, das Leben in einer
kleinen Gemeinschaft im Urwald haben mich stark beeindruckt. Die Verbesserung der Lebenssituation der Bevölkerung ist mir ein großes Anliegen geworden.

Was bleibt von deiner Arbeit vor Ort?

Hans: Nachdem ein wesentlicher Teil meiner Arbeit im Bildungsbereich liegt, ist es für die Jugendlichen in den Dorfschulen ein Beitrag zu einer chancenreicheren Zukunft. Im Inesem, der „Schule für spezielle Bedürfnisse“ ist es das Ziel, angepasst an den Grad der Behinderung, den Jugendlichen ein Stück mehr an Selbständigkeit und Lebensfreude zu geben. Wichtige Adressaten sind aber auch die ProfessorInnen und die Schulleitung selbst. So war es mögich Verbesserungen im Schulbereich zu initiieren bzw. Impulse für neue (Lern-)Methoden zu setzen.

In den vergangenen Jahren konnte ich verschiedene Projekte abschließen, darunter insbesondere die Errichtung einer Wasserversorgung für eine Mittelschule, Unterstützung notleidender Familien, ein Agrarprojekt und ein Eco-Turismus-Projekt im Urwald.

Was gibst du neuen Ausreisenden als Ratschlag mit auf den Weg?

Hans: Egal in welche Art von Gemeinschaft man eintritt, Voraussetzung dafür, irgendetwas „bewegen“ zu können, ist es, akzeptiert zu werden – primär auf der sozialen Ebene, erst dann kommt die fachliche.

Im zweiten Schritt ist es entscheidend engagierte MitstreiterInnen zu finden, welche die Ideen unterstützen und helfen sie zu verwirklichen. Die Schwierigkeiten in der Umsetzung sind dann oft in der unterschliedlichen Mentalität von EuropäerInnen und LateinamerikanerInnen begründet. Zum Beispiel können Planung und Zeitvorgaben unterschiedliche Bedeutungen haben.

Was hat dich am meisten persönlich bewegt?

Hans: Die ecuatorianische Bevölkerung ist sehr arm, insbesondere das Umfeld, in dem ich in den Projekten arbeite. Die Lebenssituationen kennenzulernen, zu sehen, mit wie wenig die Familien auskommen (müssen) ist am Anfang bedrückend. Aber die Leute sind fröhlich, bei Reisen im Land ist es nie schwierig mit Einwohnern in Kontakt zu kommen, und ich habe selten in anderen Ländern so hilfsbereite Menschen gefunden.

Was nimmst du als Lernerfahrung mit nach Hause?

Das Leben und die Arbeit in so unterschiedlichen Kulturen wie die der BewohnerInnen des Küstentieflandes in Ecuador, der indigenen Bevölkerung der Anden oder der Indios des Urwaldgebietes stellt für mich eine große Bereicherung dar.

Was machst du als nächstes?

Zur Zeit bin ich als Voluntario bei Licht für die Welt tätig. Sobald sich die Situation bessert, werde ich zurück nach Ecuador fliegen.


Über Hans Tatzl

Hans Tatzl hat in Wien Betriebswirtschaft studiert und absolvierte, nach langjährigen Erfahrungen als selbstständiger Unternehmer, eine postgraduale Ausbildung im Bereich Informationstechnologie. In der Folge war er bis zuletzt als Berater und Projektleiter im Bereich Unternehmenssoftware für Großbetriebe tätig.

Ziel des Einsatzes war die Unterstützung im Curriculum der Schule, die Förderung der BewohnerInnen in Urwaldregionen im Bildungsbereich, in der Infrastruktur und im Eco-Tourismus.

Der Personaleinsatz war ein HORIZONT3000-Personalservice für die Erzdiözese Wien.

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