von

Eine Sozialarbeiterin in Papua-Neuguinea


Kategorien interview, vor ort

Juliette Hmentori ist 35 Jahre alt, single und Mutter von sechs Kindern, zwei davon hat sie von Verwandten adoptiert. Der Vater der Kinder, von dem sie getrennt lebt, wohnt ebenfalls in Kiunga. Das jüngste Kind ist sechs, die älteste Tochter 18 Jahre alt. Juliette Hmentori arbeitet als Sozialarbeiterin für die kirchliche NGO Mercy Works. Das Diplom dazu hat sie auf ungewöhnliche Weise erhalten: Sie hat an der Univeristät in Suva, Fiji, studieren können. Eine ähnliche Uni-Ausbildung kann man sonst nur in der zwei Flugstunden entfernten Hauptstadt Port Moresby machen. Sie arbeitet bei Mercy Works zusammen mit drei KollegInnen.


Diese Rubrik porträtiert Menschen und ihre Arbeit in unseren Partnerländern. Das Foto zeigt die Sozialarbeiterin Juliette Hmentori. – Das Interview führte unser Landesdirektor in Papua-Neuguinea Carsten Klink.


Juliette Hmentori erhält ein Gehalt von 625,- Kina (200,- Euro) pro „fortnight“ (= 2 Wochen). Das sind 400,- Euro im Monat. Das meiste Geld gibt sie für Essen aus. Kleider kauft sie nur zweimal im Jahr – meist schickt sie ihrer Schwester in Goroka etwas Geld. Sie kauft dafür gute Kleider für sie und die Kinder im dortigen billigen Second-Hand-Shop. In Kiunga, sagt Juliette, gebe es keine guten und preiswerten Second-Hand-Läden. 2014 hat sie je 500,- Kina „Project Fee“ (Schulgebühren) für die zwei fünfzehnjährigen Kinder gezahlt. Die 18jährige Tochter hat im vergangenen Jahr in der Abendschule ihre Matura-Noten verbessert um die Zulassung zu Uni oder College zu bekommen. Das hat sie pro Fach 450,- Kina gekostet; bei vier Fächern waren das 1.800 Kina, eineinhalb Monatsgehälter. Regelmäßig schickt sie den Grundbedarf an Sachen wie Reis, Dosenfisch und Seife zu ihren jüngeren Kindern, die bei der Familie im Dorf leben. Miete muss sie nicht zahlen – sie lebt in räumlich engen Verhältnissen beim Bruder ihrer Mutter. Sparen kann sie bei all den Ausgaben und familären Verpflichtungen nicht. Am Wochenende oder nach Feierabend verdient sie daher etwas dazu – sie verkauft vor dem Haus „ice-blocks“, selbstgemachtes Wassereis. Im Gespräch erklärt sie, dass sie einen Kredit über 5.000,- Kina beantragt hat um sich ein eigenes Haus aus Wellblechdach und Palmenholz bauen zu können.

Was bedeutet Ihnen Ihre Arbeit?

Das ist das, was ich gelernt habe und was ich gerne mache. Ich arbeite mit Frauen unserer Kirchengemeinde Sankt Gerard. Wir versuchen mit ihnen Veränderungen in ihrem Leben zu erreichen. Die Frauen kommen aus drei Ecken der Stadt: Bei den „Zonen“ Fly River und Ok Tedi sind es hauptsächlich Frauen aus dem Yongom-Stamm, die der Awin-Zone aus dem Awin-Stamm. Dazu kommen noch Flüchtlinge aus dem (indonesischen) West-Papua. Teils sind das ebenfalls Awin oder Yongom. Wir sind offen für alle, aber Zuwanderer aus dem Hochland sind wenige dabei. – Davor habe ich in einem Forstwirtschaftsprojekt gearbeitet und viel besser verdient, aber das war nicht das, was ich gelernt hatte und machen wollte.

Wieviel Stunden pro Tag und wieviel Tage in der Woche arbeiten Sie?

5 Tage Vollzeit. Ungefähr 8 Stunden täglich.

Wenn Sie Ihr Leben betrachten, was ist für sie das Wichtigste?

Meine Kinder erfolgreich sehen. Bessere Bildung aus Ausbildung für sie, bessere Jobs. Denn eines Tages werden sie sich um mich kümmern. Das ist meine Hoffnung für die Zukunft.

(An dieser Stelle ruft ihre älteste Tochter an und teilt ihr mit, dass sie jetzt beim Vater angekommen ist, bei dem sie die nächsten Tage bleiben will.)

Würden Sie gern an Ihrem Leben etwas ändern?

Ja! Ich möchte mein eigenes Haus.

Gönnen Sie sich manchmal etwas ganz Besonderes?

Nein. All mein Geld stecke ich in meine Kinder. Ich setze mich immer an letzte Stelle. Auf hartnäckige Nachfragen hin lacht sie und sagt: Manchmal leiste ich mir ein Eis.

Was ist Ihr größtes Problem, und wie gehen Sie damit um?

Wir haben kein eigenes Zuhause, sondern wohnen mit den zwei fünfzehnjährigen Mädchen bei meinem Onkel. Die älteste wohnt mal hier, mal bei ihrem Vater, mal im Dorf. Das ist nicht gut. — Ich habe jetzt um einen Bankkredit über 5.000,- Kina angesucht. Das ist für Nägel, Säge, Hammer, Wellblech und die Männer, die die Arbeit machen. Das Haus selber wird aus Buschmaterial gebaut (Anmerkung: In Kiunga sind das üblicherweise Holzpfosten und die widerstandsfähige Rinde einer als „black palm“ bekannten Palmenart).

Sind Sie gern in Kiunga oder würden Sie lieber woanders leben?

Hier ist zu Hause (sie lacht), aber Suva in Fiji wäre toll. Dort ist das Paradies.

Was ist Ihr größter Traum?

Erstens: Noch einmal zurück nach Suva gehen, meine Studien fortführen und meinen Bachelor in Community Development machen, aber daran kann ich mit Familie nicht einmal denken. Zweitens: Immer meine Kinder zu haben und ihnen eine Ausbildung zu geben.

Wie wünschen Sie Papua-Neuguinea?

Für uns in Western Province stimmt so einiges nicht. Ich wünsche mir mehr Schulen, eine bessere Bildung und dass unsere Ressourcen besser verwaltet werden. Außerdem Jobmöglichkeiten und Arbeit für die Jugend, damit sie nicht auf den Straßen rumlungern müssen. – Ich will Premier Minister werden und den Wandel über Nacht einführen. (Sie lacht)

Mitgliedsorganisationen