von Martina Luger
Die Frage ob Hurrikan Otto vielleicht doch nur ein tropischer Sturm ist, ist hinfällig: es herrscht Alarmstufe Rot! Die Regierung hat für die südliche Karibikregion von Nicaragua den Notstand ausgerufen. Es werden „zumindest“ außergewöhnliche Regenfälle von bis zu 300mm in den kommenden Stunden erwartet. Überschwemmungen sind in der isolierten flachen Küstenregion mit limitierter Infrastruktur garantiert. Wo genau der Hurrikan auf Land treffen wir, ist ungewiss, die Vorhersagen schwanken stündlich.
Wir bereiten uns seit zwei Tagen fast rund um die Uhr auf das Schlimmste vor…
…während wir auf das Beste hoffen, in unserem Fall wäre das, dass es nur bei einer Notfallübung bleibt! Otto soll morgen Früh laut Radio Unica Bluefields um 8:00 auf Land treffen, irgendwo ca. 50 bis 70 km von uns entfernt. Noch eine Nacht, um sich zu organisieren, die Ärmel hochzukrempeln und vor allem keine Zeit zu verlieren. Bei blueEnergy, einer meiner Partnerorganisationen hier in Bluefields, steht Teamgeist und Solidarität im Vordergrund. Guter Laune und doch mit dem gewissen Ernst, formieren sich verschiedene Arbeitsgruppen:
Es gibt zwei Teams die in isolierten Gemeinden unterwegs sind und heimgeholt werden sollen. Büro Ausrüstung und die wichtigsten Dokumente werden in Plastiksäcke verpackt und auf Tische gestellt, weg vom Boden. Grundnahrungsmittel für eine Woche werden eingekauft und sicher eingelagert. Wasserspeicher werden aufgefüllt (volle schwere Wassertanks fliegen weniger leicht weg, und wer weiß wie lange man nicht außer Haus gehen kann, um Wasser aus den Brunnen zu pumpen) und sämtliche Wasserfilter aktiviert. Fenster werden mit allem was zur Verfügung steht verbarrikadiert, im Garten alles geerntet, Samen und Jungpflanzen sicher verstaut.
Die Verbindungswege über Wasser sind schon seit Dienstag geschlossen
6 KollegInnen sitzen in Pueblo Nuevo ca. 50 km nördlich von Bluefields fest, da die Küstenwache seit Dienstag schon keinen Wassertransport mehr erlaubt. Telefonischer Kontakt und Hilfe für ihre Familien wird organisiert. Da einige KollegInnen in prekären und unsicheren Verhältnissen leben, suchen sie Unterschlupf hier am Campus von blueEnergy. Schnell werden Zimmer zugewiesen und Küchendienste eingeteilt. Ein Spiel und Malfarben für Kinder finden sich in meinem Fundus und sind willkommen. Ein paar junge Burschen helfen einem Rollstuhlfahrer. Die letzten Dinge werden vor den Häusern eingesammelt und die Türen verschlossen. Noch schnell E-Mails an Familie, die österreichische Botschaft in Mexico und Horizont3000 in Managua verschicken.
Es geht uns gut, wir sind gut gewappnet und mittlerweile fast 40 Leute. Es ist jetzt 3:00 Früh und wir sind seit fast 24 Stunden auf den Beinen. Es war den ganzen Tag windstill… im Moment tröpfelt es nur, in der Ferne ist ein wenig Donner zu hören. In den nächsten 5 Stunden wird der Regen stetig zunehmen. Wir sind hundemüde, ein bisschen Schlaf wäre gut.