In El Salvador ist die Arbeit für Menschenrechtsverteidigerinnen oft lebensgefährlich, vor allem wenn sie sich für die Rechte von Frauen einsetzen. Besonders problematisch sind die Gewalt gegen Frauen und das repressive Abtreibungsgesetz, welches oft Frauen kriminalisiert die eine Fehlgeburt erlitten haben.
Morena Herrera ist Aktivistin für Frauenrechte in El Salvador und repräsentiert unsere Partnerorganisation „Colectivo Feminista para el Desarrollo Local“. Im Oktober war sie zu Besuch in Österreich. Wir sprachen mit ihr über die Zusammenarbeit mit europäischen NGOs und warum es so wichtig ist, dass Menschen in Österreich die Frauenrechtsbewegung in El Salvador unterstützen. Mehr zum Thema Gewalt gegen Frauen in El Salvador ist im Interview mit Morena Herrera auf „Women on Air“ http://noso.at/ zu hören.
Auf deiner Europareise gibt es mehrere Stationen, mit welcher Botschaft bist du unterwegs und was hast du bisher erlebt?
Auf Einladung deutscher NGOs, allen voran INKOTA, die unsere Kampagne „Freiheit für die 17“* unterstützen, haben eine Kollegin und ich mehrere deutsche Städte besucht. Da aus Deutschland über 30 000 Unterstützerbriefe zur Freilassung der inhaftierten Frauen nach El Salvador geschickt wurden, sehe ich es auch als meine Aufgabe dies zu würdigen und in Form von Information den Menschen und Organisationen in Deutschland etwas zurückzugeben. In Kiel habe ich zum Beispiel Oberstufenschüler im Spanischunterreicht besucht. Es hat mich überrascht, wie gut sie über El Salvador Bescheid wussten und sogar die Geschichten der 17 Frauen kannten. Ich empfinde es als sehr hoffnungsvoll, dass junge Menschen in der Lage sind sich mit Ungerechtigkeiten die anderen Menschen irgendwo auf der Welt passieren, identifizieren können. Dann kamen noch Besuche bei Partnerorganisationen in Österreich und Spanien dazu. In Wien habe ich einen Vortrag gehalten und besuche die Partnerorganisationen HORIZONT3000, Dreikönigskation und die Katholische Frauenbewegung. In Spanien werde ich mehrere Organisationen treffen, unter anderem Amnesty International, die uns sehr im Kampf um die Freilassung der 17 Frauen unterstützen.
Wie wichtig ist die Zusammenarbeit mit internationalen NGOs für die Frauenrechtsbewegung in El Salvador?
Zunächst klären wir, ob eine Identifikation der internationalen NGO mit unseren Zielen und Themen gegeben ist. Wenn diese gemeinsame Basis da ist, gibt es verschiedene Arten der Zusammenarbeit. Für uns ist eine anwaltschaftliche Unterstützung genauso viel wert wie finanzielle Mittel für Projekte. Natürlich könnten wir ohne die Ressourcen aus diesen Projekten nur sehr wenig bewirken. Vieles können wir nur machen, wir weil es auf der anderen Seite der Erde Menschen und Organisationen gibt, die weltweite Ungerechtigkeiten und Ungleichheiten überwinden wollen. Wir achten aber darauf, dass die Projekte mit breiteren Prozessen verknüpft sind. Ein Projekt sollte immer ein Instrument zum Fortschritt in unseren Bestrebungen sein. Die Finanzierung ist in den letzten Jahren spürbar schwieriger geworden. Ein Grund ist, dass viele europäische Staaten jetzt andere Länder für ihre Entwicklungszusammenarbeit priorisieren. Das verstehen wir auch, andererseits ist es sehr trügerisch, wenn El Salvador als Land mit mittleren Einkommen klassifiziert wird, denn die Ungleichheiten im Land sind so hoch und das Einkommen ist nicht gerecht verteilt. Die zivilgesellschaftlichen Organisationen nehmen eine wichtige Rolle bei der Einforderung einer gerechteren Einkommens- und Vermögensverteilung ein. Wir finden es ist wichtig, dass die internationale Gemeinschaft dieses Transformationspotential der NGOs in Ländern wie El Salvador anerkennt. Nur so kann ein Leben in Würde für die breite Bevölkerung erreicht werden.
Gemeinsam mit HORIZONT3000 führ die Colectiva Feminista derzeit ein EU-finanziertes Projekt durch. Worum geht es dabei?
Es handelt sich um ein Projekt zum Schutz von Menschenrechtsverteidigerinnen. Frauen erfahren andere Diskriminierungen als ihre männlichen Kollegen, alleine durch die Tatsache dass sie Frauen sind und oft stellen sie sich alleine diesen Herausforderungen. Die Colectiva Feminista ist mit einer mittelamerikanischen Menschenrechtsinitiative vernetzt, von der wir Methoden für den ganzheitlichen Schutz der Frauen übernehmen können. Zum einen geht es darum, das Gefühl zu vermitteln, dass keine Frau alleine ist sondern Teil eines Netzwerkes das sie unterstützt und an das sie sich jederzeit wenden kann. Für den Ernstfall, wenn eine Frau bedroht wird, kann sie sich alleine oder mit ihrer Familie in einer unserer Herbergen zurückziehen. Dadurch wird ihr die Möglichkeit gegeben, in geschützter Atmosphäre ihre nächsten Schritte zu planen. Das Projekt mit HORIZONT3000 ermöglicht den Ausbau einer solchen Herberge, zudem führen wir Weiterbildungen durch in denen die Frauen lernen sich selbst zu schützen, entwickeln Risikoanalysen und arbeiten mit den lokalen politischen Instanzen und der Öffentlichkeit zur Sensibilisierung des Rechts auf die Verteidigung von Menschenrechten.
Wie können Menschen hier in Österreich die Frauen in El Salvator unterstützen?
Da gibt es viele Möglichkeiten. Zum einen kann man die Arbeit der Organisationen hier in Österreich unterstützen die mit uns zusammenarbeiten, also HORIZONT3000, die Dreikönigsaktion und die katholische Frauenbewegung. Oder man wird direkt aktiv, etwa indem man einen Brief mit seinem Anliegen an die Botschaft von El Salvador in Wien schickt. Die Botschaft ist verpflichtet diese Briefe an die Behörden in El Salvador weiterzuleiten und es sehr wichtig, dass solche Briefe aus dem Ausland kommen. Man muss auch kein perfektes Spanisch können, die Briefe können ganz einfach verfasst sein – auch in der eigenen Sprache. Auf der Webseite der Kampagne „Freiheit für die 17“ und von INKOTA gibt es zudem Textvorlagen für die Briefe zur Freilassung der inhaftierten Frauen. Eine weitere Möglichkeit ist die Unterstützung einer online Petition die derzeit auf Avaaz läuft. Die Petition fordert den Staat El Salvador auf das Recht auf Verteidigung von Rechten zu garantieren. Ich ermutige auch immer Menschen, die nach El Salvador reisen zu einem Besuch im Frauengefängnis. Das ist kein schöner Ort, es geht dort hart zu, die Gefängnisse sind zu 900% überbelegt. Also dort wo eine Frau schlafen sollte schlafen 9, das Wasser das für eine Frau da ist muss unter 9 geteilt werden. Besonders die Frauen die aufgrund einer Fehlgeburt inhaftiert sind werden sehr schlecht behandelt und auch von den anderen Insassinnen oft verachtet. Für sie ist es ein großer Trost, wenn sie Besuch bekommen und Solidarität spüren und man wird sehen, dass es sich bei ihnen nicht um Kriminelle handelt sondern um ganz einfache Frauen, denen großes Unrecht widerfahren ist.
Eso no puede seguir así – So kann es nicht weitergehen!
*Die Kampagne „Freiheit für die 17“ kämpft für die Entkriminalisierung des therapeutischen Schwangerschaftsabbruchs und die Begnadigung von 17 Frauen, die auf Grund einer Fehlgeburt in fortgeschrittenem Stadium der Schwangerschaft des Mordes angeklagt und nach unzureichenden Untersuchungen mit bis zu 30-jährige Haftstrafen verurteilt wurden. Dabei handelt es sich um Frauen aus sehr armen Verhältnissen, denen keine ausreichende medizinische Versorgung zur Verfügung stand. Bis jetzt kamen zwei Frauen frei. Durch das absolute Abtreibungsverbot in El Salvador kommt es außerdem zu einer hohen Selbstmordrate bei Schwangerschaften nach einer Vergewaltigung, wobei vor allem minderjährige Mädchen Opfer sind.
INKOTA: http://www.inkota.de/projekte/el-salvador/frauenrechte-durchsetzen-freiheit-fuer-die-17-plus/
Website der Kampagne auf Spanisch: www.las17.org http://las17.org/