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Krisen meistern: Personelle EZA in Zeiten von Covid-19


Kategorien Allgemein, interview

Krisenbeginn März 2020: 53 Fachkräfte (inkl. Angehörigen sind es über 70 Personen) mit unterschiedlichen Staatsbürgerschaften leben und arbeiten in 13 Einsatzländern im Globalen Süden. Wir fragen Petra Navara, die Teamleiterin der Personellen Entwicklungszusammenarbeit bei HORIZONT3000, wie der Ausbruch der SARS-CoV2-Pandemie den Fachkräfteeinsatz getroffen hat.

Petra Navara
Als Dienstgeberin trägt HORIZONT3000 Verantwortung für ihre Fachkräfte und deren Familien im Ausland. Wie seid ihr mit der Ausrufung der Pandemie umgegangen?

Petra: Die Fürsorgepflicht der Dienstgeberin war uns natürlich bewusst, aber auf SOWAS waren wir natürlich nicht vorbereitet. Damals konnten wir keine Handbücher und Leitfäden aus dem Regal fischen und nachschauen, was nun zu tun wäre.

Wir haben bereits im Februar ein Krisenteam gebildet und Aufgaben zugeteilt: Wer kümmert sich um Arbeitsrechtliches und Versicherungstechnisches? Wer kontaktiert Außenministerien und Botschaften? Wer recherchiert, was andere Personalentsendeorganisationen tun? Etc. etc. Und dann sind wir erst einmal einen Monat lang im Viereck gesprungen, haben gleichzeitig telefoniert, gestreamt, gewhatsappt und Mails geschrieben, 14 Stunden am Tag im Home Office, das behelfsmäßig eingerichtet war. Und immer wieder Austausch und Abstimmung untereinander und mit den Leiter:innen der Regional- und Landesbüros, die die aktuellen Regeln und Maßnahmen in ihren Ländern durchgaben, die mit den sich täglich ändernden Reiseeinschränkungen und Quarantänemaßnahmen in Europa zusammengeschaut werden mussten. Wir hatten noch kein Gefühl, was auf uns zukommen könnte, aber wir wollten so viel wie möglich wissen, um im Bedarfsfall fundierte Entscheidungen treffen zu können.

Und was haben die Fachkräfte gemacht? Sind sie nervös geworden?

Petra: Zuerst gar nicht, die sind total cool geblieben! Zum einen, weil in Afrika die erste Welle noch gar nicht angekommen war, zum anderen, weil es – wie in Zentralamerika – wenig offizielle Daten und Kommunikation gab. Erst als Flughäfen gesperrt wurden, sind einige zappelig geworden.

Wie hat HORIZONT3000 seine Verantwortung gegenüber den Fachkräften wahrgenommen?

Petra: Zunächst haben wir den Fachkräften in Absprache mit dem Fördergeber (Austrian Development Agency) eine freiwillige Ausreise nach Österreich angeboten. Sie konnten bis zu 3 Monaten im Home Office von Österreich aus für ihre Partner im Einsatzland arbeiten. Wenn allerdings nach drei Monaten eine Rückreise nicht möglich war, mussten wir den Vertrag auflösen. Das haben einige in Anspruch genommen – manche sind in den Einsatz zurückgekehrt, andere sind im Anschluss in eine Bildungskarenz gegangen und ein paar wenige haben neue Stellen angetreten, weil das Ende ihres Einsatzes ohnehin bevorstand.

Uganda, Sommer 2021: ADA-Staff, H3-Staff und H3-Fachkräfte
Ihr habt niemanden zur Rückkehr gezwungen?

Petra: Auf Basis unserer Recherchen sind wir zu dem Schluss gekommen, dass Papua-Neuguinea über ein zu schwaches Gesundheitssystem verfügt, um Fachkräfte guten Gewissens im Einsatz zu belassen. Wir haben alle 11 gegen ihren Willen abgezogen und uns aus PNG zurückgezogen.

Sind die Fachkräfte geimpft?

Petra: Das war der nächste Aufreger: Unterschiedliche Seren, Angebote, Zugänge zu „gutem Stoff“, unterschiedlich auch die Bereitschaft, sich impfen zu lassen. Inzwischen hatten wir aber unsere Kommunikation nach innen und nach außen effizienter gestaltet und eine gewisse Routine im Krisenmanagement entwickelt. Trotzdem ist der Aufwand hoch, will man allen Fachkräften und Angehörigen einen chancengleichen Zugang zu einem in Europa anerkannten Vakzin ermöglichen. Auch hier unterstützt der Fördergeber Angebote von HORIZONT3000, wenn zum Beispiel ein Serum nur im Nachbarland verfügbar ist, übernehmen wir anteilig die Reisekosten. Inzwischen sind einige genesen und alle geimpft.

Welche Auswirkungen zeitigt die Pandemie in der Personellen Zusammenarbeit bis zum heutigen Tag?

Petra: Ich gebe offen zu, dass ich erstaunt bin, wie gut wir – bei aller Hysterie am Anfang – die Krise gemanagt haben! HORIZONT3000 hat im Vergleich zu anderen Entsendeorganisationen in der DACH-Region wohl die großzügigsten Angebote an die Fachkräfte gemacht mit dem Erfolg, dass fast alle bei ihren Partnerorganisationen verblieben sind.

Zweitens freue ich mich über die Gelassenheit der Fachkräfte: Niemand hat die Nerven verloren, sich irrational oder schädigend verhalten. Das sind schon handverlesene Charaktere, die da im Einsatz sind.

Am meisten beeindruckt mich aber die Resilienz der Partnerorganisationen, die mit so viel weniger Ressourcen durch schwere Zeiten kommen müssen – ohne NGO-Förderung, ohne Kurzarbeit – und trotzdem überlebt haben! Sie haben wie wir neue Arbeitsweisen integriert, Covid-19-Policies erarbeitet und Wege gefunden, wie sie weiterarbeiten können. Dafür zolle ich ihnen den höchsten Respekt!

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