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Petra Navara über das Brennen und Brauen in Afrika


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Anlässlich ihres neuen Buches führten wir ein Interview mit unserer ehemaligen Kollegin Petra Navara, die seit 2012 in Uganda lebt und schreibt. Auf dem Foto rechts verkostet Petra Navara Maisbier aus dem Tetrapak. (Foto von S. Korab)


Du hast ein Buch über Afrikas traditionelle Biere, Weine, Schnäpse geschrieben, die die Leute im Dorf selbst brauen. Wie bist du dazu gekommen? Musstest du während deines Personaleinsatzes alles kosten, was das Land zu bieten hatte?

Petra Navara (lacht): Ganz und gar nicht, aber ich bin zu neugierig. Ich koste gern die lokalen Speisen – von rohen Kakaobohnen bis Heuschrecken -, warum sollte ich nicht lokale Getränke kosten? In manchen Ländern wurden sie mir ja richtig aufgedrängt. Die Kapverder sind z. B. wahnsinnig stolz auf ihren grogo (Zuckerrohrschnaps), irgendwann MUSS man ihn trinken; in Zimbabwe stolpert man im Supermarkt über Maisbier im Tetrapak (chibuku). In anderen Ländern ist der Zugang nicht so einfach, etwa in Südafrika, wo die Weißen traditionelle Alkoholika der schwarzen Gesellschaften ablehnen oder in der Demokratischen Republik Congo, wo ich als Touristin nicht an die Dörfler herangekommen bin. Da muss man dann halt die Augen aufsperren und hartnäckig fragen.

Bist du neugierig auf die Geschmäcker und Rezepte oder mehr auf die Gelegenheiten, zu denen traditional brews getrunken werden?

Petra Navara: Naja, die Geschmäcker liegen oft außerhalb der Skala dessen, was bei uns als gutes Bier oder schöner Wein bezeichnet wird. Manchmal hätte ich auf die Verkostung gern verzichtet: Brennen im Hals, flauer Magen, Kopfweh – die ganze Palette; und meistens in unerwarteter Härte … Mehr als der Geschmack und die Wirkung interessiert mich, welchen Stellenwert der brew in der Gesellschaft einnimmt. Kommt er in der Mythologie vor? Wird er zu speziellen Familienfeiern gebraut, geschenkt und getrunken? Dient er zum Frust- und Komasaufen? Und wie behaupten sich diese 1000 Jahre alten Rezepturen in der modernen Gesellschaft? Die Spannung zwischen Tradition und Innovation am Getränkesektor böte schon Stoff für ein ganzes Buch.

Wie hast du recherchiert?

Petra Navara: Zuerst hab ich bei den Kolleginnen aus der EZA nachgefragt: ein erstaunlich unergiebiger Ansatz. Nur wenige wussten mehr zu berichten als einen Namen für ein Getränk. Ich kann nicht sagen, ob das auf Desinteresse, den mangelnden Zugang, Angst oder Ekel zurückzuführen ist. Manche hab ich mit meiner Fragerei neugierig gemacht: sie haben selbst zum Recherchieren angefangen, alte Bekannte gefragt, ihre Fotoarchive durchstöbert und Zitate geliefert. Für das Buch hab ich vor allem aus der eigene Erfahrung geschöpft (30 Jahre Reisen in Afrika), aus der Literatur im Netz, wenigen Büchern afrikanischer Autoren und vielen Interviews. Glücklicherweise finden sich in Uganda Vertreter von fast allen in Afrika hergestellten Alkoholika und RepräsentantInnen vieler afrikanischer Länder. Ich konnte aus dem Vollen schöpfen.

Copyright: mandelbaum verlagWie haben die Leute auf deine Fragerei reagiert?

Petra Navara: Meistens mit großem Erstaunen. Dass eine „Mzungu“ sich für ihre brews interessiert und dann sogar noch kosten will …! Die meisten waren amüsiert und ehrlich bemüht, mir weiterzuhelfen. Schwierig war allerdings die Verarbeitung der Information, denn weder die Begrifflichkeiten noch die Mengenangaben sind konkret oder verbindlich und im schlimmsten Fall sind sie unverständlich, weil nicht übersetzbar. Das Verstehen war der härteste Teil der Arbeit am Buch; das Kategorisieren die zweite Herausforderung, denn schließlich sollte es ja ein Fachbuch werden, nicht nur eine Sammlung „beschwipster“ Geschichten. Am Ende hatte ich 60 Beiträge aus 20 Ländern gesammelt und einen Index erarbeitet, der jenen, die’s genau wissen wollen, einen Überblick gibt, welche Rohstoffe mit welchen Brautechniken in welchen Ländern gebraut, gekeltert oder gebrannt werden. Und eins kann ich garantieren: Der Genuss der Lektüre bleibt absolut katerfrei!

Danke für das Gespräch!

Buchtipp:

Hirse, Hopfen, Wurzelbier. Vom Brennen und Brauen in Afrika.

2014, mandelbaum verlag, ISBN 978385476-452-6

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