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Sabine Mantsch neue Länderbüro Leitung in Kampala


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Sabine Mantsch ist seit 1. April neue Länderdirektorin des Ostafrika-Büros in Kampala, Uganda. Mit 13 MitarbeiterInnen wird Sabine für Projekte in den Ländern Uganda, Kenia und Tansania verantwortlich sein. Mit fast 50 Partnerorganisationen gilt es Beziehungen zu pflegen und neue Projekte zu kreieren. Sabine kann viel Erfahrung in der EZA vorweisen, war sie doch selbst Fachkraft bei HORIZONT3000 und Entwicklungshelferin bei der GIZ. Während ihrer Vorbereitungszeit in Wien konnten wir sie in unser ÖA-Büro zum Interview locken.

Wo kommst du her, beruflich gesehen?

Projektmanagement war in Österreich mein berufliches Zuhause, meist mit IT-Projekten. Ich bin zertifizierte Projektmanagerin.

Welche Vorerfahrungen hast du mit HORIZONT3000?

2011 und 2012 war ich mit HORIZONT3000 in Uganda, bei einer Kinderrechtsorganisation. Ich war als Beraterin zur Organisationsentwicklung vor Ort, vor allem im Bereich Finanzen, Administration und Personalagenden, also im organisatorischen Bereich.

Was war Deine ursprüngliche Motivation auf Einsatz zu gehen?

Mein damaliger Mann und ich haben 2008 gedacht: das kann’s doch nicht gewesen sein!? Wir verdienen gut, aber wir wollen doch noch einmal etwas anderes tun und idealerweise auch woanders. Wir sind zuvor schon sehr viel in Afrika gereist und haben dann überlegt: Wie kann man in Afrika arbeiten? Über Dinge wie den Arbeitsmarkt für „Lodge Couples“ (lacht) sind wir zufällig – wieder – auf die EZA gestoßen: Ein Kollege von mir informierte mich darüber, dass die Caritas eine Projektleitung für Burma sucht.

2003 hatte ich nämlich schon einen Anlauf in diesem Bereich unternommen, bei VSO, Volunteer Service Organisation, jetzt heißt es Volunteers sent overseas, das ist eine britische Freiwilligenorganisation. Die Antwort auf meine Bewerbung war: „Also jemanden mit so einem Lebenslauf, können wir nicht brauchen. Wir brauchen Lehrer und Ärzte …“ Nach dieser Erfahrung haben mein Mann und ich eigentlich nicht mehr an den Bereich Entwicklungszusammenarbeit gedacht, als diese Info von der Caritas kam. Das wurde zwar leider doch nichts, da die Mittel dazu nicht aufgestellt werden konnten – aber wir waren wieder inspiriert.

Als wir dann begannen in diese Richtung zu recherchieren, sind wir schnell auf HORIZONT3000 gekommen. Wir haben ein InteressentInnen-Seminar besucht und sind in den Pool – so hieß das damals – gegangen. Nach kurzer Zeit kam das Projektangebot von ANPPCAN. Dann haben wir mit dem Vorbereitungskurs begonnen, wobei anfangs nicht klar war, ob es auch ein Projekt für Florian geben wird.

In dieser Zeit hat das Konzept der Flying TAs begonnen (= Fachkräfte, die nicht nur eine, sondern mehrere Organisationen beraten). Da hat Florian aus der Not eine Tugend gemacht, und dann bei einigen Projekten als Springer gearbeitet. Also ein Testballon für Flying TA.

Wie ging es danach weiter?

Danach war ich 1,5 Jahre wieder in Österreich und habe das für mich übliche Projektgeschäft gemacht. Die Projekte hatten meistens eine IT-Komponente und dann hat man relativ rasch auch eine Organisationsentwicklungs-Thematik drinnen. Weil jede Software-Umstellung, wenn man an größere Konzerne denkt, bedeutet auch gleich eine Umstellung der Prozesse und Aufgaben.

Ich konnte an meine Tätigkeit von vor dem Einsatz anschließen: bei der Atomenergie Behörde. Da begann endlich die Umsetzungsphase eines Projekts, dass ich selbst zuvor geplant hatte. Ich habe einen Großteil ihrer Websites auf Drupal migriert – ein Open Source Content Management System.

Aber die EZA hat Dich nicht mehr losgelassen?

Nein (lacht). 2015 kam Solwezi mit der GIZ. Das ist eine Minen-Stadt in Sambia, an der Grenze zum Kongo. Mich hat total interessiert: Warum sind die Rohstoffe für die rohstoffreichen Länder immer mehr ein Fluch als ein Segen? Da kann man viele Bücher lesen und sich dann denken, ah ja eh super, so ist das also – oder man sieht sich das genauer an. Das hat mich gereizt an der Stelle: Ich war angehängt bei der Provinzregierung, beim sogenannten provincial local government office als Entwicklungshelferin.

Wir betreuten die gesamte North Western Province. In Solwezi, das ist die Provinz-Hauptstadt, gibt es eine große Mine und im Umfeld noch zwei große weitere Kupferminen. Aus der Arbeit mit der Provinzregierung und aus der Mine selber – ich war dann auch Yoga-Lehrerin für MitarbeiterInnen der Mine – bekam ich schon echt spannende Einblicke: wie die Dynamik ist, wie groß der Einfluss solcher Unternehmen auf die gesamte Region ist; wie groß die Erwartungshaltungen von Communities sind – die permanent enttäuscht werden.

Aber auch bestimmte Einsichten in die Art und Weise, wie solche Firmen funktionieren. Da rede ich noch gar nicht davon, dass sie böse Dinge tun, sondern einfach von Mechanismen, die von der Bevölkerung nicht verstanden werden. Die glauben immer noch, da sind lauter Menschen in der Mine, die mit Hämmern und Hackbeil das Kupfer rausschlagen. Extractiv Industries sind total stark automatisiert, da braucht man keine ungelernten Arbeiter mehr. Das versteht natürlich in der Communitiy, in den bildungsferneren Schichten, wie das politisch korrekt heißt, natürlich keiner – ich würde es auch nicht verstehen. Es gibt eine starke Migration zu den Minen-Städten und dann gibt es keine Jobs vor Ort.

Dann gibt es natürlich diese, wie ich finde wahnsinnig zynische Geschichte der Corporate Social Responsibilty.

Ein Beispiel?

Das Minen-Unternehmen hat eine Mine in Solwezi, und eine Greenfield Mine – etwas ganz besonderes, weil dort war vorher nichts – in Kalumbila (ca. 2-3 Stunden von Solwezi entfernt). Was die strategisch getan haben – also wäre ich ein Minenunternehmen, würde ich es genauso machen – das ist ein Kunstgriff.

Service Delivery, also was Gemeinden an Service für die Bevölkerung leisten, ist relativ schlecht in Sambia. Funktioniert die Müllabfuhr? Gibt es einen Markt, gibt es dort öffentliche Toiletten, gibt es Straßenkehrer die nach einem Markttag aufräumen? Funktioniert die Busstation, oder erpressen irgendwelche Partymembers Schutzgelder? Wie ist der Service der Ämter: Du brauchst beispielsweise eine Geburtsurkunde, bekommst du sie? Wie sieht es mit der Wähler-Registrierung aus?

Diese Provinz ist sehr ländlich und wenig entwickelt. Das heißt, du kannst als communitiy member dort nichts von der öffentlichen Verwaltung erwarten und genau da setzt das Minenunternehmen an: die sagen: Wir reparieren diese Straße! – Und zwar nur diese, weil die führt zu unserer Mine – das wird aber natürlich nicht kommuniziert. Und hier bauen wir eine Health Station, weil in diesem Compound (high density residential area) z. B. viele Minenarbeiter wohnen.

Aber diese Firmen machen natürlich nichts, auch nicht im CSR Bereich, was ihnen nicht auch einen Vorteil bringt. Ich war bei vielen Stakeholder Meetings und war oft die einzige Vertreterin der Regierung, also ich als Weiße – das muss man sich einmal vorstellen -, wo die Community Vertreter sagen: Bitte liebe Mine, bitte liebe CSR-Abteilung, bitte macht ihr das, weil das Council macht eh nichts. Baut ihr diese Schule, baut ihr diese Straße, baut ihr diese Health Station. Wenn es das Unternehmen schafft, sich als Mine so zu positionieren, der man mehr zutraut als der eigenen Verwaltung, dann hat man die Bevölkerung hinter sich. Diese Firmen haben das über die Jahre geschafft. Dann kannst du in deiner Mine Umweltverschmutzung und sonstigen Wahnsinn betreiben und keiner aus der Community wird etwas dagegen sagen.

Auch bei massiven Umweltverschmutzungen?

Ja, leider schon. Es gibt z. B. Wassermessungen, die nicht nach außen dringen und von der Bevölkerung geht keiner hin und überprüft das Wasser.

Werden hauptsächlich Ausländer angestellt?

Es sind schon auch viele Sambier beschäftigt. Sambia ist ja ein Commoditiy Country. Die Sambiarinnen – da gibt es viele Frauen, die das Privileg einer guten Ausbildung haben. Die gehen nach Australien oder Südafrika Geologie studieren oder machen ein Postgraduate dort, weil die Uni in Sambia keinen guten Ruf innerhalb Afrikas hat. Die kommen dann zurück und bekommen in den Minen tolle Jobs als Geologinnen.

Das weißt du aus den Yogaklassen?

(lacht) ja genau, das weiß ich von dort. Auf dem Golfplatz der Mine wohnt dann das Management – da sind schon 70 – 80% weiß.

Profitieren die Städte von den Minen auch oder ist es wirklich nur ein Fluch?

Ich glaube nicht, dass es der breiten Bevölkerung etwas gebracht hat. Wenn es keine starken staatlichen Strukturen gibt, bringt der Rohstoffreichtum nur den Eliten etwas. Und bei denen gibt es kein Interesse, mit dem Geld funktionierende Strukturen aufzubauen. Es gibt viele contradicting laws – die Schlupflöcher, die sich da auftun, werden von großen Firmen genutzt, von Seiten des Staates gibt es nur wenig Interesse das zu ändern. Für die Eliten geht alles schnell und leicht, jede Bewilligung wird von höchster Stelle schnell ausgestellt – im Gegensatz zur Normalbevölkerung, da dauert es mitunter ein halbes Jahr bis man seinen Landtitel (so etwas wie ein Nutzungsrecht) bekommt.

Zurück zu HORIZONT3000, Du wirst jetzt Länderbüroleiterin in Kampala, freust Du dich schon?

JA!

Wie war deine Vorbereitungszeit?

Sehr intensiv. Mit Jana Schwerdtfeger Ongoma, die im November in Kampala die Position Senior Officer übernommen hat, hatte ich eine Woche lang eine sehr intensive Vorbereitung. In die Tiefe ging es dann bei der Übergabe mit Christian Guggenberger (bisheriger Leiter des HORIZONT3000-Büros in Kampala) im Februar und März. Dann gab es noch Treffen mit den Mitgliedsorganisationen und intern viele bilaterale Einschulungen zu Themen Finanz, Donor Mapping etc..

Was werden die Herausforderungen zu Beginn sein?

Es gibt einige neue MitarbeiterInnen im Büro, die Formation als Team steht also zu Beginn sicher an. Diesen großen Wechsel gut auf den Weg zu bringen, ist sehr wichtig. Die Finanzen in Übergangszeiten gut zu managen ist auch eine hohe Priorität. Auch inhaltlich gibt es viel zu tun: Der neue ADA Rahmen steht an, der alte läuft 2018 aus; die Strategie-Ziele umzusetzen, reziproke Personaleinsätze, und und und – langweilig wird es sicher nicht.

Auf was freust du dich am meisten?

Ich freu‘ mich auf die Menschen, mit denen ich immer noch in Kontakt bin und die ich seit meinem Einsatz als Fachkraft kenne. Und auf die Wärme freue ich mich, ich bin kein Winter-Mensch; und ich bin gerne in Afrika.

Weißt du schon wo Du wohnen wirst?

Ich darf das Haus übernehmen, in dem Christian jetzt wohnt. Da ich die Umgebung vor Ort schon kenne, ist der Wechsel nicht ganz so stressig. Ich mag das Chaos in Kampala! Wenn du zur rush hour wohin musst, verwünscht du die Stadt zwar, aber Office und Wohnort sind ja in der Nähe.

Danke für das Interview, alles Gute!

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